Säuglings- und Kleinkindermilch oder was Sie in der Zusammensetzung finden
PhDr. Karolína Hlavatá, PhD.
Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung einzigartig und stellt daher ein Vorbild dar, das Säuglingsnahrungen so genau wie möglich nachbilden wollen.
Die Zusammensetzung von Säuglingsnahrungen wird sehr streng überwacht und die Anforderungen an ihre Herstellung, die Informationen auf der Produktverpackung usw. sind gesetzlich geregelt.
Säuglingsnahrung wird meist aus Kuhmilchproteinen hergestellt. Damit Kuhmilch als Grundlage der Säuglingsernährung dienen kann, muss sie so verändert werden, dass sie den Nährstoffeigenschaften von Muttermilch möglichst nahekommt. Beispiele hierfür sind die Anpassung des Verhältnisses von Molke zu Kasein, die Ergänzung von Vitaminen oder die obligatorische Zugabe von Docosahexaensäure.
Auch wenn es so scheinen mag, als wären alle Säuglings- und Kleinkindermilchprodukte gleich, ist dies nicht der Fall. Genau wie bei der Auswahl geeigneter Lebensmittel ist es wichtig, die Informationen auf der Produktverpackung zu lesen. Um ihrem Kind die bestmögliche Ernährung zu bieten, sollten Eltern die grundlegenden Begriffe im Zusammenhang mit Säuglingsnahrung verstehen.
Es gibt verschiedene Säuglingsnahrungen auf dem Markt, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern abgestimmt sind. Beispiele hierfür sind Anti-Reflux-Nahrung, Nahrung für Allergiker usw. In diesem Beitrag konzentrieren wir uns jedoch auf die „klassische“ Säuglingsnahrung.
Fette
Fett spielt eine entscheidende Rolle in der Säuglingsernährung. Es deckt 40–50 % des Energiebedarfs des Babys und erfüllt darüber hinaus zahlreiche weitere Funktionen. Es liefert fettlösliche Vitamine (Vitamin A, D, E, K), essentielle Fettsäuren, gewährleistet die ordnungsgemäße Funktion des Verdauungstrakts, ist am Lipid- und Lipoproteinstoffwechsel beteiligt und ein wichtiger Bestandteil der Zellmembranen. Es ist unerlässlich für ein gesundes Wachstum, die psychomotorische Entwicklung des Kindes und die optimale Funktion des Immunsystems.
Die Frage der Fettzusammensetzung in Muttermilch und Säuglingsnahrung ist sehr interessant, daher wollen wir sie uns genauer ansehen.
Um den Kontext zu verstehen, erklären wir zunächst die Grundprinzipien.
Fettsäurespaltung
Die Grundbausteine der Fette sind Fettsäuren. Je nach Kettenlänge und Vorhandensein von Doppelbindungen werden Fettsäuren in gesättigte (SAFA = gesättigte Fettsäuren) und ungesättigte Fettsäuren unterteilt. Ungesättigte Fettsäuren werden weiter in Fettsäuren mit einer Doppelbindung (einfach ungesättigte Fettsäuren; MUFA = einfach ungesättigte Fettsäuren) und Fettsäuren mit mehreren Doppelbindungen (mehrfach ungesättigte Fettsäuren; PUFA = mehrfach ungesättigte Fettsäuren) unterteilt.
Je nach Position der letzten Doppelbindung werden mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren unterteilt. Diese Fettsäuren gelten als essenziell. Der Körper kann essenzielle Fettsäuren nicht selbst herstellen und muss sie daher über die Nahrung aufnehmen.
Die Bedeutung von Fettsäuren
Die Muttermilch europäischer Frauen enthält 45–50 % einfach ungesättigte Fettsäuren (MUFA), 35–40 % gesättigte Fettsäuren (SAFA) und die restlichen 15 % mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA). Hersteller bemühen sich, ähnliche Fettsäureverhältnisse in Säuglingsnahrung zu erreichen.
Gesättigte Fettsäuren und MFGM
Palmitinsäure nimmt unter den gesättigten Fettsäuren eine Sonderstellung ein und macht bis zu 25 % aller gesättigten Fettsäuren aus. Wer sich für eine ausgewogene Ernährung interessiert, fragt sich vielleicht: Sind gesättigte Fette gesund? Man hört ja immer wieder, dass man gesättigte Fette in der Ernährung einschränken sollte, weil sie im Übermaß den Cholesterinspiegel erhöhen und zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Das stimmt zwar, aber Vorsicht! Ein Kind ist kein kleiner Erwachsener, und ein gewisser Anteil an gesättigten Fettsäuren ist für seine gesunde Entwicklung notwendig. Die bereits erwähnte Palmitinsäure wirkt sich positiv auf den Kalziumstoffwechsel und die Kalziumaufnahme im Darm aus und macht den Stuhl weicher.
Die Hauptquellen für Palmitinsäure sind Palm- und Milchfett. Die Verwendung von Palmfett gilt aufgrund der Zerstörung von Regenwäldern als umweltschädlich, daher ist Milchfett (nicht nur) eine vorteilhaftere Alternative.
Fragen Sie sich, warum nicht? Dies ist ein weiteres beeindruckendes Puzzleteil im bunten Bild von Muttermilch und Säuglingsmilch.
MFGM ist kein neuer Begriff im heutigen Sprachgebrauch von Jugendlichen, sondern die englische Abkürzung für Milchfettkügelchenmembran. Fette kommen in der Milch von Säugetieren in Form von Fettkügelchen (MFG = Milchfettkügelchen) vor, die von einer dreischichtigen Membran umschlossen sind. Der Kern des Kügelchens besteht hauptsächlich aus Triglyceriden (98 %), die nach der Spaltung durch die Verdauungsenzyme des Kindes als Energiequelle dienen. Die Membran (MFGM) besteht aus drei Schichten und enthält zahlreiche bioaktive Substanzen, die für die Gesundheit des Kindes von großer Bedeutung sind. Beispiele für solche Bestandteile sind Cholesterin, Sphingomyeline, Phosphatidylcholine, Ganglioside, Laktoferrin, Mucin und andere. Ihre Wirkung ist komplex und beeinflusst maßgeblich die Entwicklung des Verdauungs-, Nerven- und Immunsystems. Proteine in der MFGM haben zudem Signal- und Transportfunktionen.
Säuglingsnahrungen auf Basis von Vollmilch enthalten von Natur aus MFGM. Die Anreicherung von Säuglingsnahrungen mit Vollmilch ist eine relativ neue Entwicklung, und Studien deuten auf einen möglichen positiven Effekt auf die Gesundheit und Entwicklung von Säuglingen hin. Allerdings ist weitere Forschung in diesem Bereich erforderlich.
Die Bedeutung ungesättigter Fettsäuren
Einfach ungesättigte Fettsäuren (MUFAs) machen den größten Anteil der Fette in Muttermilch und Säuglingsnahrung aus. Hauptvertreter ist Ölsäure. Trotz ihres häufigen Vorkommens ist ihre potenzielle Funktion bei Säuglingen jedoch noch nicht erforscht und ihre ernährungsphysiologische Bedeutung noch nicht geklärt.
Die Bedeutung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) ist hingegen allgemein bekannt. Wie bereits erwähnt, werden sie in Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren unterteilt. Zu den Omega-3-Fettsäuren gehören Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Die bekanntesten Omega-6-Fettsäuren sind Linolsäure (LA) und Arachidonsäure (ARA).
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFAs) sind Bestandteil von Zellmembranen und daher essenziell für Wachstum und Entwicklung des zentralen Nervensystems und der Netzhaut. Sie dienen außerdem als Ausgangsmaterialien für die Produktion zahlreicher Substanzen, die Entzündungs- und Immunprozesse sowie die Blutgerinnung beeinflussen.
Der DHA-Gehalt ist im Nervengewebe besonders hoch. Fette und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) sind vor allem in den ersten beiden Lebensjahren eines Kindes essenziell, da in dieser Zeit Wachstum und Differenzierung des zentralen Nervensystems am schnellsten verlaufen. Aktuelle Studien befürworten die Anreicherung von Säuglingsnahrung mit Omega-3-DHA und Omega-6-ARA; gesetzlich ist jedoch nur die Zugabe von DHA vorgeschrieben.
Die DHA-Quelle in Säuglingsnahrung ist üblicherweise Fischöl. Überfischung und die daraus resultierende Umweltzerstörung, Bedenken hinsichtlich Schwermetallbelastung und möglicher Geruchsbelästigungen haben zur Suche nach neuen DHA-Quellen geführt. In Säuglingsnahrung werden hauptsächlich Öle aus Algen wie Crypthecodinium cohnii verwendet.
Kohlenhydrate und Ballaststoffe
Hauptkohlenhydrat ist Laktose, ähnlich wie in Muttermilch. Andere Kohlenhydrate (Maltodextrine, glutenfreie Stärke) sind in geringen Mengen ebenfalls erlaubt. Der Maltodextrinanteil ist begrenzt, da Maltodextrin Blähungen und Säuglingskoliken verursachen kann. Dennoch ist die Verwendung von Maltodextrin in Säuglingsnahrungen sinnvoll: Es dickt die Milch an, erhöht so das Sättigungsgefühl und trägt positiv zur Stabilität der Mischung bei.
Präbiotika sind unverdauliche Nahrungsbestandteile, die im oberen Verdauungstrakt nicht verdaut werden und nur von Bakterien im Dickdarm verwertet werden. Sie dienen als Nahrung für Bifidobakterien und Laktobazillen (sogenannte „gute Bakterien“) im Darm. Das Überwiegen dieser Bakterien führt zu einer Verringerung des Wachstums „pathogener“ Bakterien und somit zur Optimierung der Darmflora, deren Bedeutung für die menschliche Gesundheit erheblich ist. Wichtig ist, dass nützliche Darmbakterien kurzkettige Fettsäuren produzieren, die den Darmzellen als Energiequelle dienen. Präbiotika fördern zudem die Aufnahme wichtiger und gesundheitsfördernder Substanzen wie Vitamine und Mineralstoffe, schützen die Darmschleimhaut, wirken sich positiv auf das Stuhlvolumen aus und unterstützen das Immunsystem sowie die Darmtätigkeit.
In Säuglingsnahrung werden verschiedene Arten von Präbiotikamischungen verwendet, wobei die beste Kombination aus Galactooligosacchariden (GOS) und Fructooligosacchariden (FOS) im Verhältnis 9:1 besteht. Die verwendete Präbiotikamischung ist sicher und wird von Säuglingen gut vertragen.
Präbiotische Oligosaccharide, die Säuglingsnahrungen zugesetzt werden, umfassen die sogenannten HMO (Humanmilch-Oligosaccharide). 2'-Fucosyllactose (Abkürzung 2-FL) wird in Säuglingsnahrungen verwendet. Synthetisches 2-FL besitzt die gleiche Struktur wie das in Muttermilch vorkommende 2-FL. Neben den beschriebenen präbiotischen Wirkungen unterstützt es die Darmreifung, wirkt sich positiv auf die Darmbarriere und vermutlich auch auf das zentrale Nervensystem aus.
Probiotika
Probiotische Bakterien sind auch für die Optimierung der Darmflora wichtig. Ein Beispiel hierfür sind die Milchsäurebakterien Bifidobacterium animalis subsp. lactis.
Proteine
Das Kuhmilchprotein wird so genannt (das ursprüngliche Molke-Kasein-Verhältnis von 2:8 wird auf 1:1 oder sogar höher angepasst).
Mineralien und Vitamine
Die Mindest- und Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen für Säuglings- und Folgenahrung sind in der Verordnung (EU) 2016/127 festgelegt. Die Verordnung (EU) 609/2013 regelt zudem die zulässigen Darreichungsformen dieser Stoffe für die Herstellung von Säuglingsnahrung. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben enthalten alle Säuglings- und Folgenahrungen die Vitamine C und D. Säuglingsnahrung wird außerdem obligatorisch Inositol und Cholin zugesetzt. Bei Folgenahrung ist die Zugabe dieser Stoffe freiwillig.
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